
Tacheles 2026. Jahr der jüdischen Kultur in Sachsen.
Das Jahr der jüdischen Kultur in Sachsen 2026
Das Jahr der jüdischen Kultur in Sachsen 2026
100 Jahre nach Gründung des ersten sächsischen Landesverbandes der jüdischen Gemeinden begeht der Freistaat Sachsen 2026 ein landesweites „Jahr der jüdischen Kultur“. Mit Projekten, Veranstaltungen und Ausstellungen werden die reichhaltige jüdische Geschichte und Kultur sowie das jüdische Leben in Sachsen, deren Beitrag zu Vergangenheit und Gegenwart des Landes, aber auch deren Verluste sichtbar und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Jüdische Kultur und Geschichte sollen als selbstverständlicher Teil der Kultur und Geschichte Sachsens verstanden werden.
Das Themenjahr richtet sich an alle Kultursparten, Museen, Theater, Kinos und andere kulturelle, wissenschaftliche, bildende und kirchliche Einrichtungen sowie Vereine, Initiativen und Gruppen im Freistaat. Es strebt die nachhaltigere Vernetzung dieser Akteurinnen und Akteure, aber auch die aktive Beteiligung der Zivilgesellschaft an.
Das Projektteam ist am Staatlichen Museum für Archäologie Chemnitz (smac) im früheren Schocken-Kaufhaus angesiedelt, einem zentralen Ort jüdisch-sächsischer Geschichte. Das Themenjahr wird vom Freistaat Sachsen unter Federführung des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft, Kultur und Tourismus (SMWKT) getragen.
AUSGANGSPUNKTE
Das „Jahr der jüdischen Kultur in Sachsen 2026“ ist aus der vor allem in Leipzig und Dresden geführten Diskussion um ein jüdisches Museum in Sachsen hervorgegangen. Daraus entstand in Leipzig die Idee einer landesweiten inhaltlichen Auseinandersetzung in Form einer Landesausstellung. Beide Städte traten an die Staatsregierung heran, die die Initiativen aufgriff, die in der Planung eines sächsischen Themenjahres 2026 mündeten. Erstmals werden somit jüdische Kultur und jüdisches Leben in Vergangenheit und Gegenwart als Landesthema ein Jahr lang und dezentral in ganz Sachsen in den Fokus gerückt und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
ZIELE UND FORMATE
Ziel des Themenjahres ist es, jüdisches Leben, jüdische Kultur und Geschichte als selbstverständlichen Teil der sächsischen Gesellschaft und Kulturlandschaft sowie der Lokal- und Regionalgeschichte zu sehen und zu verstehen.
Dem Themenjahr 2026 liegt ein breiter Kulturbegriff zugrunde, der neben Kunst und Kultur in engerem Sinne auch Geschichte und Erinnerungskultur, den Bereich der kulturellen, historischen, schulischen Bildung sowie Begegnungsangebote umfasst.
Es soll einerseits eine umfassende und zugleich kritische Bestandsaufnahme des Umgangs mit dem kulturellen und historischen jüdischen Erbe Sachsens und seiner Erforschung ermöglichen und bereits Vorhandenem eine größere Sichtbarkeit und Aufmerksamkeit verleihen, andererseits aber auch neue Perspektiven, Repräsentationsformen und Vermittlungsangebote einbeziehen. Das Themenjahr präsentiert die reichhaltige und vielfältige jüdische Geschichte und Kultur Sachsens, zeigt aber ebenso Leerstellen und unwiederbringliche Verluste auf. Es steht dabei unter dem besonderen Eindruck der Bedrohungen durch Antisemitismus sowie der langfristigen Folgen des Massakers vom 7. Oktober 2023 – sowohl für die jüdische Gemeinschaft als auch für die demokratische Ordnung in Deutschland.
Die Wahrnehmung, Einbeziehung und Sichtbarmachung jüdischer Stimmen und Perspektiven gehört zum Selbstverständnis des Themenjahres. Es möchte den Dialog zwischen der jüdischen Gemeinschaft und der Mehrheitsgesellschaft Sachsens öffnen, fördern und verstetigen und dabei zugleich das Wissen über und das Verständnis für jüdisches Leben, jüdische Kultur, Tradition und Religion vergrößern.
In seiner Programmplanung orientiert es sich am jüdischen Feiertagskalender, beginnend mit Chanukka 5786, am 14. Dezember 2025.
TACHELES
Das aus dem Jiddischen bzw. Hebräischen stammende Wort „Tacheles“ steht für die freie Meinung und das daraus resultierende offene Gespräch/den Diskurs, den Dialog auf Augenhöhe; und in der Programmatik des Themenjahres für das Selbstbewusstsein und die Selbstverständlichkeit jüdischer Stimmen und Perspektiven in Sachsen, denen menschlich, gesellschaftlich und kulturell – historisch und gegenwärtig – Gehör und Sichtbarkeit verschafft werden soll. „Tacheles“ bedeutet Freiheit – aber auch Verantwortung. Keine Meinungsbildung ohne Bildung. Auch dafür steht das Themenjahr.
„Tacheles“ repräsentiert die jüdische Tradition einer respekt- und verantwortungsvollen Streitkultur. Diese ist untrennbar verbunden mit dem Wert des lebenslangen Lernens, Bildens, des Reflektierens, Abwägens, des Aufklärens und Argumentierens. „Tacheles“ heißt, Positionen zu beziehen und anzuerkennen, Ambivalenzen und Widersprüche zuzulassen und auszuhalten. In der konkreten Auseinandersetzung mit der sächsisch-jüdischen Vergangenheit und Gegenwart gilt es, mit „Tacheles“ Schweigen, Vergessen und Verdrängen überwinden. „Tacheles“ ist zudem in besonderer Weise mit dem Ende der DDR und der Wendezeit verbunden. Die Ostberliner Band „Tacheles“ und das mittlerweile verschwundene Kunsthaus „Tacheles“ in Berlin stehen sinnbildlich und real für die Freiheit des Wortes und der Kunst. Sie sind Ausgangspunkt und Anspruch des Themenjahres für jüdische Perspektiven und Narrative in einem ostdeutschen Bundesland.
JÜDISCH - SÄCHSISCH -MENTSHLICH
Die ebenfalls aus dem Jiddischen stammende Vorstellung von „a Mentsh sein“ nimmt im Motto des Themenjahres das Selbstbewusstsein und die Selbstverständlichkeit jüdischer Stimmen und Perspektiven in Sachsen auf, die menschlich, gesellschaftlich und kulturell gehört und gesehen werden sollen. Denn „a Mentsh zu sein“ bedeutet im Jiddischen, ein guter Mensch zu sein – jemand, der Eintritt für Mentshlekhkeyt, für Solidarität und Empathie, jemand, der Haltung zeigt.

Zugehörigkeit
Jüdisches Leben ist ein fester Bestandteil der sächsischen Kultur und Geschichte. Heute bedeutet Zugehörigkeit, jüdische Stimmen, Traditionen und Perspektiven als selbstverständlichen Teil des gesellschaftlichen Miteinanders in Sachsen anzuerkennen. Das Themenjahr setzt ein Zeichen für eine offene Gesellschaft, in der sich Menschen mit jüdischer Identität zugehörig fühlen – in Städten, Gemeinden und im kulturellen Gedächtnis des Landes.

Toleranz
Toleranz ist ein grundlegender Pfeiler für ein friedliches Zusammenleben in einer vielfältigen Gesellschaft. In Sachsen – einem Land mit reicher jüdischer Geschichte – ist Toleranz nicht nur Wunsch, sondern aktive Aufgabe. Das jüdische Themenjahr fordert dazu auf, Respekt gegenüber unterschiedlichen Lebensentwürfen zu fördern und sich klar gegen Antisemitismus zu positionieren.

Humor
Jüdischer Humor ist tief verwurzelt in Lebenserfahrung, Sprachwitz und Selbstironie – oft klug, manchmal scharf, aber immer menschlich. In Sachsen begegnet man ihm in Literatur, Kabarett oder Alltagsgeschichten. Gerade in schwierigen Zeiten war Humor für jüdische Gemeinden ein Mittel des Überlebens und der Würde. Im Rahmen des Themenjahres steht Humor für die Kraft, mit Geschichte umzugehen, Brücken zu bauen und neue, überraschende Perspektiven zu eröffnen.

Austausch
Jüdisches Leben in Sachsen war über Jahrhunderte hinweg Teil eines regen kulturellen und gesellschaftlichen Miteinanders. Städte wie Dresden, Leipzig und Chemnitz waren Zentren jüdischer Gelehrsamkeit, Kunst und Wirtschaft. Der Wert des Austauschs steht heute für die bewusste Wiederaufnahme dieses Dialogs – als Brücke zwischen Geschichte und Gegenwart, zwischen jüdischen und nichtjüdischen Perspektiven in Sachsen.